Am 22. März 2024 hat ein Kommando von vier Kämpfern das Publikum eines Rock-Konzerts im Krokus City Hall in Krasnogorsk (einem Vorort im Nordwesten Moskaus) angegriffen, 133 Menschen getötet und 140 weitere verletzt und dann das Gebäude in Brand gesteckt.

Das Terrorkommando wurde von den Russen festgenommen, als es versuchte die ukrainische Grenze zu überqueren und auf der anderen Seite erwartet wurde. Seine Mitglieder wurden als Tadschiken identifiziert. Sie haben gestanden, über das Internet rekrutiert worden zu sein, um für Geld zu töten. Sie sagten, sie hätten keinen Kontakt zu ihrem Auftraggeber gehabt. Doch wurde bei ihnen eine Visitenkarte auf den Namen von Dmytro Jarosch gefunden. Da Jarosch der Gründer der Miliz "Pravy Sektor", die Nummer 2 im ukrainischen Sicherheitsrat und dann Berater des Oberbefehlshabers der Streitkräfte war, machten die russischen Behörden sofort die Ukraine dafür verantwortlich. Jarosch hat die Beteiligung seines Landes bestritten [1]. Sieben Komplizen wurden ebenfalls festgenommen.

Die russische Anti-Terror-Polizei hat diese Terroristen gefoltert und ihre Taten gefilmt. Das öffentlich-rechtliche Fernsehen hat sie gezeigt und kommentiert. Die russische Kultur ist sowohl europäisch als auch asiatisch. Das russische Volk hat keine Empathie für Kriminelle.

Daesch bekannte sich zu dem Anschlag und unterband damit die Anschuldigungen, es handele sich um eine russische Operation unter falscher Flagge. Diese Terroristen waren keine Fanatiker, sondern Profis. Sie haben sich nicht öffentlich angezündet, sondern sind geflohen, wie diejenigen, die 2015 Paris und Saint-Denis angegriffen und 130 Menschen getötet hatten. Sie handelten also nicht aus Hass auf Russland, sondern als Teil einer Militäroperation, deren strategische Implikationen im Voraus durchdacht wurden.

Laut der Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrats der USA, Adrienne Watson, sind die Terroristen des Islamischen Staates allein für den Anschlag verantwortlich. Viele Kommentatoren haben von vornherein jedes Amalgam zwischen der islamischen Organisation und den Anhängern der Regierung in Kiew angeprangert. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Russland vorgeworfen, der Ukraine reflexartig die Schuld zu geben. Doch der russische Präsident Wladimir Putin hält an seinen Vorwürfen fest, die sich ausschließlich gegen Kiew richten, und ignoriert den IS/Daesch.

Seit 2014 und dem Sturz des gewählten ukrainischen Präsidenten haben wir regelmäßig die Verbindungen zwischen „integralen Nationalisten“ und Islamisten hervorgehoben, insbesondere die Rolle von Dmytro Jarosch. Die Fakten sprechen für sich. Wir wissen nicht, ob die Ukrainer diesen Anschlag organisiert haben oder nicht, aber es ist klar, dass sie die Angreifer sehr gut kannten: Ukrainische integrale Nationalisten und Dschihadisten kämpfen seit einem Dreivierteljahrhundert zusammen.

• Vor dem Zweiten Weltkrieg knüpfte die Muslimbruderschaft Verbindungen zu den Nazis gegen die Briten. Das überrascht absolut nicht, dass sich alle antikolonialistischen Bewegungen jener Zeit (einschließlich Indiens M.K. Gandhi) auf der Suche nach einem Verbündeten, natürlich an die Achsenmächte wandten. In der Regel distanzierten sie sich von ihnen, sobald sie ihren Rassismus vor Ort entdeckt hatten. Die Bruderschaft profitierte jedoch in diesen Jahren von Subventionen des Dritten Reiches [2] und hielt diese Verbindungen während des gesamten Krieges aufrecht. Als die britischen und amerikanischen Geheimdienste am Ende des Weltkrieges viele Nazi-Chefs zurückholten und sie in ihrem "Kalten Krieg" gegen die Sowjets einsetzten, gewannen sie auch die Herrschaft über die Muslimbruderschaft wieder. Es war daher ganz natürlich, dass die CIA Gerhard von Mende, den Nazi-Spezialisten für den Islam in der Sowjetunion, mit Said Ramadan, dem Schwiegersohn des Gründers der Bruderschaft, zusammenarbeiten ließ. Da Letzterer für ein Programm des pakistanischen öffentlich-rechtlichen Rundfunks verantwortlich war [3], vermittelte die CIA ihn nach München zu Radio Free Europe/Radio Liberty. Dort moderierte er eine Sendung für sowjetische Muslime und begegnete Stepan Bandera, dem Vorsitzenden der Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN), und dessen rechter Hand, Jaroslaw Stezko, dem ehemaligen ukrainischen Nazi-Ministerpräsidenten. Es waren genau diese "Banderisten" (vom Kreml als "Ukronazis" bezeichnet, sich aber selbst als "integrale Nationalisten" bezeichnend), die 2014 den Staatsstreich ("Euromaidan") gegen den gewählten ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch durchführten [4].

• In den 1970er Jahren nahm der saudische Milliardär Osama bin Laden an Versammlungen der Antikommunistischen Weltliga von Chiang Kai-Schek und ... Jaroslav Stetsko teil [5]. Osama bin Laden war Mitglied der Bruderschaft und wurde von Sayyid Qutbs Bruder, dem Strategen und Dschihad-Theoretiker der Bruderschaft, ausgebildet. In diesem Zusammenhang wurde er von den Vereinigten Staaten ausgewählt, um Chef der Mudschaheddin in Afghanistan gegen die Sowjets zu werden.

Die Finanzierung des antisowjetischen Krieges in Afghanistan (1982)

Nazis und Islamisten kämpften seit der Gründung des Islamischen Emirats Itschkeria (Zweiter Tschetschenienkrieg, 1999-2000) erneut gemeinsam gegen die Russen. Ich habe jedoch keine konkreten Belege für ihr Engagement finden können.

Dmytro Jarosch als Vorsitzender des Bündnisses ukrainischer "integraler Nationalisten" und islamistischer Milizen der Muslimbruderschaft, 8. Mai 2007 in Ternopol.

• Am 8. Mai 2007 gründeten die "integralen Nationalisten" der Ukrainischen Volksselbstverteidigung und die Islamisten der Muslimbruderschaft in Ternopol (Westukraine), auf Initiative der CIA, eine antirussische "Antiimperialistische Front" unter dem gemeinsamen Vorsitz des Emirs von Itschkeria, Dokka Umarow, und Dmytro Jarosch (der inzwischen die Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN) von Stepan Bandera neu aufgestellt hat). An dem Treffen nahmen Organisationen aus Litauen, Polen, der Ukraine und Russland teil, darunter islamistische Separatisten aus der Krim, Adygea, Dagestan, Inguschetien, Kabardino-Balkarien, Karatschai-Tscherkessien, Ossetien und Tschetschenien. Da Dokka Umarov wegen internationaler Sanktionen nicht dorthin reisen konnte, ließ er seinen Beitrag verlesen [6].

• Von November 2013 bis Februar 2014 führten ukrainische integrale Nationalisten, unter der Aufsicht der „Straussianerin“ Victoria Nuland, damals Assistentin des Staatssekretärs für eurasische Angelegenheiten, die "Revolution der Würde" durch. Die westliche Presse behauptete, die Polizei des Präsidenten habe auf die Menschenmenge geschossen. Dagegen stellte später ein Gericht in Kiew fest, dass unbekannte Bewaffnete auf Dächern gleichzeitig Demonstranten und Polizisten ermordet hatten; eine Methode, die die CIA bereits in vielen anderen Ländern angewendet hatte, um Pseudo-Revolutionen auszulösen. Der Anführer der islamistischen Jugendbewegung Azatlik, der Russe Naïl Nabiullin, zog in der Tradition der Muslimbruderschaft in den Dschihad gegen syrische Muslime. Danach kehrte er in die Ukraine zurück und beteiligte sich mit seinen Kämpfern am Staatsstreich [7].

• Nach Angaben der New York Times wurden die Bataillone Sheikh Mansour und Dzhokhar Dudajew, hauptsächlich bestehend aus Tschetschenen von Georgien und Usbekistan und das aus Tataren zusammengesetzte Krim-Bataillon, die alle gegen die Muslime von Syrien kämpften, im Donbass von den Kiewer Integralen Nationalisten gegen die russischsprachige Bevölkerung eingesetzt [8].

• Im August 2015 gründete Tatarenführer Mustafa Dschemilew in Ankara (Türkiye) die Internationale Muslimische Brigade, um die Krim von Russland zurückzuerobern. Er wurde vom türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan empfangen, der versprach, diese Dschihadisten zu finanzieren [9]. Diese Miliz stützt sich auf Hizb ut-Tahrir, eine Abspaltung der Bruderschaft. Sie vereint Kämpfer aus Tatarstan und Tschetschenien (Russland), Usbekistan, Aserbaidschan und Meskhetien (Georgien). Sie hatte ihren Sitz in Cherson, aber ihre Rolle beschränkte sich auf einige Sabotageakte, mit denen der Krim Trinkwasser und Elektrizität entzogen wurde, während die tatarische Bevölkerung sich Moskau anschloss.

• Seit einem Monat kämpfen hundert ukrainische Spezialeinheiten im Sudan, um General Abdel Fattah al-Burhan zu unterstützen [10]. Letzterer reiste nach Libyen, um sich mit dem ehemaligen Mufti El-Sadeq el-Gheryani, einem bekannten Führer der Muslimbruderschaft, zu treffen. Er schickte auch Kommandos, um für ihn zu kämpfen, also auf der Seite der Ukrainer. Diese Unterstützungen ermöglichten es General al-Burhan, Karthum am 12. März 2024 von den Truppen seines Rivalen "General" Mohamed Hamdan Dogolo (bekannt als "Hemeti") zurückzuerobern.

Seit zwei Jahrzehnten haben wir nicht aufgehört, die Instrumentalisierung der Islamisten durch die angelsächsischen Geheimdienste zu dokumentieren. Für die Anschläge vom 11. September [11], den Krieg gegen den Irak und die "Arabischen Frühlinge" gibt es keine andere überzeugende Erklärung [12]. Nur denjenigen, die glauben, dass der Krieg in der Ukraine nichts anderes als eine russische Aggression ist und dass ukrainische "integrale Nationalisten" nur für ihr Land und in ihrem Land kämpfen, wird die Einsicht dieser Wahrheit schwerfallen.

 
 
Übersetzung
Horst Frohlich
Korrekturlesen : Werner Leuthäusser
Schlange von Menschen, die am Tag nach dem Terroranschlag in Moskau Blumen für die Opfer am Ort des Attentats niederlegen wollen.

Terror in Moskau und die Geschichte vom Islamischen Staat

Die Vehemenz und Geschlossenheit, mit der deutsche Medien die Verantwortung für den Terroranschlag in Moskau beim Islamischen Staat sehen, weckt Skepsis. Es wirkt mehr wie ein konzertiertes Ablenkungsmanöver denn ein Bemühen um Aufklärung. Die Ukraine steht natürlich im Verdacht.
 

Von Gert Ewen Ungar 

Was den Terroranschlag auf die Moskauer Veranstaltungshalle Crocus City Hall angeht, hat sich der Westen bereits festgelegt: Der IS hat am 22. März den Terror nach Moskau getragen. Für die inzwischen 139 Todesopfer, die fast 200 Verletzten und die umfassende Zerstörung trägt der islamistische Terrorismus die Verantwortung. 

Das ist erstaunlich, denn westliche Ermittlungsbehörden sind mit der Aufklärung gar nicht beauftragt und bisher auch nicht nennenswert involviert. Die Informationen, die westlichen Medien zur Verfügung stehen, stammen im Wesentlichen aus Russland. Einzige Ausnahme ist ein Bekennerschreiben, das auf dem IS zugeordneten Telegram-Kanälen veröffentlicht wurde. Nun kann es natürlich sein, dass der IS seine Finger im Spiel hat – man sollte es zumindest nicht ausschließen. Man sollte sich aber zum jetzigen Zeitpunkt darauf auch nicht festlegen. Wer das tut, löst Skepsis aus. 

Merkwürdig wirkt es daher, wenn der Westen unisono verkündet, die Ukraine könne nicht für den Anschlag verantwortlich sein. Das sei russische Propaganda. Bei den Nachweisen, die in Richtung Islamischer Staat deuten sollen, handelt es sich bisher allerdings um wenig mehr als Mutmaßungen. Bewiesen ist bisher gar nichts. Die Untersuchungen laufen noch. Warum also verbreitet der westliche Mainstream, die Ukraine sei unschuldig? Warum dieser Freispruch, noch bevor konkrete Ergebnisse vorliegen? Das schürt das Misstrauen eher, als dass es die Zweifel beseitigt. 

Sicher, der IS verübt Terrorakte. Die Ukraine hat aber ebenfalls bereits mehrere tödliche Terroranschläge in Russland durchgeführt. Noch viel mehr wurden verhindert. Es vergeht kaum ein Tag, an dem russische Sicherheitsbehörden nicht über Festnahmen im Zusammenhang mit Anschlagsplanungen berichten. Nicht alle können verhindert werden. Die Tochter des Philosophen Alexander Dugin kam bei einem Terroranschlag ums Leben. Die Urheberschaft wurde der Ukraine nachgewiesen. Der Journalist und Kriegsberichterstatter Wladlen Tatarski fiel ebenfalls einem ukrainischen Bombenanschlag zum Opfer. Terror gehört zu den Mitteln, die von der Ukraine eingesetzt werden. Es gibt daher keinen Grund, die Ukraine aus dem Kreis der Verdächtigen auszuschließen. Natürlich stehen die politischen und militärischen Entscheider in Kiew im Verdacht, für die Anschläge die Verantwortung zu tragen.

Die unmittelbare Parteinahme des Westens für die Ukraine macht das Land aus russischer Sicht sogar noch verdächtiger, und den Westen gleich noch mit. Dass es eine Kooperation zwischen den Staaten des Westens und der Ukraine gibt, die sich gegen Russland richtet, ist wahrlich kein Geheimnis. Aus diesem Grund ist die Art, wie im Westen über den Terroranschlag diskutiert wird, mehr als nur ein bisschen seltsam. Mehr als ein bisschen seltsam ist auch, dass sich an jene, die in den sozialen Netzwerken Zweifel an der Urheberschaft des IS äußern, unmittelbar ein Heer von anonymen Profilen anheftet, die mit drastischem Vokabular ihre Meinung über derartiges gedankliches Dissidententum kundtun. "Es war der IS, du Depp", in tausendfacher Varianz vorgetragen, trägt aber ebenfalls nicht dazu bei, die Skepsis zu entkräften, sondern verstärkt sie eher.

Seltsam wirkt auch, mit welcher Geschwindigkeit man sein Urteil gefällt hat. Deutsche Medien überschlugen sich schon wenige Stunden nach dem Anschlag auf die Crocus City Hall mit sogenannten Faktenchecks und Hintergrund-Berichten, mit denen die deutschen Leser und Zuschauer davon überzeugt werden sollen, dass es sich bei dem Terroranschlag um eine islamistisch motivierte Tat handelt. Dabei gibt es noch gar nicht allzu viele echte Fakten zu checken, und viel Hintergrund zu beleuchten gibt es auch noch nicht. Die festgenommenen Tatverdächtigen stammen aus Tadschikistan. Das Land ist muslimisch geprägt und es gibt dort auch IS-Aktivitäten. Das ist richtig. Sie fuhren aber nach der Tat in Richtung Ukraine, zudem rekrutiert die Ukraine auch in Tadschikistan Söldner. Letzteres fällt bei der Faktencheckerei unter den Tisch. 

In der Manier der Besserwisserei üben sich übrigens die gleichen Medien, die anderthalb Jahre nach dem Anschlag auf Nord Stream bezüglich der Täterschaft noch immer im Dunkeln tappen und von einem großen Rätsel sprechen. Dabei müssen sie sich in Bezug auf Nord Stream nicht einmal auf ausländische Medienberichte stützen, sondern könnten mit den einheimischen Ermittlungsbehörden direkt in Kontakt treten und da zumindest ein bisschen Dampf machen. Indem sie beispielsweise über die dürftige personelle Ausstattung berichten. Der Aufklärungswille zu Nord Stream ist aber nicht nur in der deutschen Politik wenig ausgeprägt, sondern auch im deutschen Journalismus. 

Es liegt daher der Verdacht nahe, dass es auch im Zusammenhang mit dem Terroranschlag in Moskau nicht um Aufklärung mit den Mitteln des Journalismus, sondern um Verschleierung mit den Mitteln der Propaganda geht. Man wirft mit viel Desinformation um sich, arbeitet mit Auslassungen und Unterstellungen, zieht Verbindungen zwischen Unzusammenhängendem, zwängt alles in ein vorhandenes Narrativ und wiederholt es so lange, bis der Eindruck entsteht, es handele sich um gesichertes Wissen. 

Nach einiger Zeit lässt man das Thema fallen, denn es hat seinen Zweck erfüllt. Der Spin wurde verankert. Wer etwas anderes behauptet, betreibt das Geschäft des Kremls, wird es dann heißen. Das war bei Butscha so, bei Nord Stream, und wiederholt sich jetzt. Es ist die Arbeitsweise der westlichen und insbesondere der deutschen Propaganda. 

Die Methode funktioniert und man kann sich die so verankerten vermeintlichen Gewissheiten zunutze machen. So behauptet beispielsweise die Tagesschau, die festgenommenen Verdächtigen seien gefoltert worden. Nun ist die Gräuelpropaganda über Russland fester Bestandteil deutscher Berichterstattung, wie man schnell an sich selbst überprüfen kann. Wer würde bezweifeln, dass in Russland gefoltert wird? Russland ist schließlich Russland, oder?

Folter ist in Russland allerdings schon durch die Verfassung verboten, und die Strafen dafür wurden nach einem Vorfall in einem russischen Gefängnis von Präsident Putin im Jahr 2022 drastisch erhöht. Wer einen derart schwerwiegenden Verdacht ausspricht, sollte dafür dann mehr Beweise vorlegen können als einen Verweis auf "Videoaufnahmen im Netz", wie das die Tagesschau tut. Das ist unlauter und hat mit Journalismus nichts zu tun. Es ist der Einsatz von Gräuelpropaganda, die zu einer Vorverurteilung führen soll. Deutsche Medien greifen gern auf dieses Mittel zurück, was viel über deren mangelnden Charakter und ihre dürftige journalistische Qualität aussagt. 

Ob und wie die festgenommenen Männer aus Tadschikistan mit dem IS, mit der Ukraine oder mit beiden in Verbindung gebracht werden können, werden die Untersuchungen zeigen. Und zwar die russischen Untersuchungen und nicht die Kaffeesatzleserei der deutschen Journaille.

Eines ist aber schon jetzt absehbar: Sollten die offiziellen Ergebnisse nicht zum Narrativ passen, wird man das deutsche Publikum nur sehr zurückhaltend darüber informieren und eine kräftige Portion Skepsis in die Information einstreuen. Wichtig ist dem deutschen Mainstream nämlich längst nicht mehr, einen Beitrag zur Aufklärung zu leisten. Wichtig ist, die politisch richtige Message unter die Leute zu bekommen. Und die lautet in dem Fall, der IS ist für den Terroranschlag in Moskau verantwortlich und nicht die Ukraine. Was wirklich war, was tatsächlich passiert und wie Ereignisse zusammenhängen, interessiert den deutschen Journalismus schon längst nicht mehr.  

Mehr zum Thema – Todesschützen von Krasnogorsk in U-Haft – zwei geständig, für alle Lebenslänglich beantragt

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Potsdam, Correctiv und unbeantwortete Fragen: Ein Putsch ganz ohne Rollatoren
Faesers willige Fußtruppen: Berlin, 03.02.2024

Potsdam, Correctiv und unbeantwortete Fragen: Ein Putsch ganz ohne Rollatoren

Langsam verwandelt sich das, was anfänglich wie eine vielleicht etwas übertriebene Geschichte eines dubiosen Mediums wirkte, in einen Sumpf, dessen Tiefe man noch nicht ermessen kann. Die Causa Correctiv ist keine Frage journalistischen Gebarens, hier geht es um einen Putsch von oben.
 

Vom Dagmar Henn

Die Geschichte rund um die Correctiv-Erzählung von Potsdam scheint noch lange nicht zu Ende zu sein. Genau genommen, wäre sie unter normalen Umständen längst Thema für einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Zuletzt lieferte die Antwort auf eine Frage des AfD-Abgeordneten Leif-Erik Holm einen weiteren Grund dafür.

Fassen wir noch einmal zusammen, was bisher bereits bekannt ist: Correctiv, das sich als "Recherchenetzwerk" verkauft, ein vermeintlich zivilgesellschaftliches Projekt mit einer Mischfinanzierung aus Staatsmitteln und Spenden von Milliardären, veröffentlichte mit lautem Trara im Januar eine Geschichte über ein angebliches Geheimtreffen bei Potsdam, auf dem die Deportation von Millionen Migranten besprochen worden sein soll. Der Text von Correctiv spielte dabei, ebenso wie eine Reihe von Berichten in den Hauptmedien darüber, mit Assoziationen zur Wannseekonferenz. Die Essenz der Geschichte: Politiker der AfD seien aufs Engste verknüpft mit Rechtsextremisten.

Der laute Auftakt wurde auf auffällige Weise beispielsweise von einer passend veröffentlichten Umfrage begleitet, einer szenischen Lesung und von zwei weiteren Kampagnen auf Campact zu einem Verbot der AfD wie zum Entzug der Grundrechte für den AfD-Politiker Björn Höcke. Nachdem die Geschichte mit all ihrer zusätzlichen Dekoration tagelang die Nachrichten dominiert hatte, folgten darauf dutzendweise Demonstrationen, deren einziges Thema "Gegen die AfD" war. In der Folge wurde insbesondere von Deutschlands oberster Demokratiedemonteurin Nancy Faeser, hauptamtlich Innenministerin, noch einmal mit einer Reihe weiterer Gesetzesverschärfungen nachgelegt, die es in Summe ermöglichen, jede Organisierung abseits der offiziellen Linie zu unterbinden und die persönlichen Existenzen von Personen zu vernichten, die sich eine derartige Abweichung zu Schulden kommen lassen. Ohne rechtlich überprüfbares Verfahren, versteht sich.

Seitdem wurde nicht nur bekannt, dass es mehrere Treffen zwischen Vertretern von Correctiv und der Bundesregierung gab, auch die Behauptungen, die der ursprüngliche Text bezüglich des besagten Treffens aufstellte, mussten Stück für Stück zurückgenommen werden. Die vermeintliche Verschwörung wider alle Einwanderer nach Deutschland war gar keine, niemand hatte von Deportation gesprochen, und es war in Reichweite und Bedeutung nicht mehr als ein politischer Salon am rechten Rand. In der früheren Bundesrepublik hätte Correctiv nach diesen Entwicklungen in etwa die Glaubwürdigkeit des Stern nach der Veröffentlichung der angeblichen Hitler-Tagebücher.

Correctiv: Ja, wir werden von Milliardären wie Soros bezahlt – sind aber völlig frei

 

Aber dem ist nicht so. Statt dieser Propagandafabrik zumindest sämtliche staatlichen Mittel zu entziehen, wird sie nach wie vor behandelt, als sei sie Lieferant ernstzunehmender Nachrichten, mehr noch, eine Art "Vorkämpfer für Demokratie". Und selbstverständlich wurde zwar die ursprüngliche Erzählung in Formaten wie der Tagesschau in epischer Breite dargestellt, die mehrfachen Korrekturen erlitten aber das Schicksal einer klassischen Gegendarstellung. Die zehn Zentimeter hohe Schlagzeile auf der Titelseite wurde in einem Kästchen von zwei Zentimetern in der Schriftgröße von acht Punkt auf Seite 15 links unten korrigiert.

Der gesamte Vorlauf zu dieser Veröffentlichung lässt eigentlich schon fast vermuten, dass der Termin des besagten Treffens nicht nur langfristig vorher bekannt war ‒ die Begleitmaßnahmen waren derart dicht, dass man sich fast fragen muss, ob nicht der Termin selbst aus den Reihen der Regisseure der Kampagne angesetzt war.

Nachdem das Ministerium Faeser auch angesichts der Demontage des ursprünglichen Textes noch hatte erklären lassen, der "Maßnahmenplan gelte auch unabhängig vom Correctiv-Bericht", und Bundeswirtschaftsminister Habeck weiterhin von "Deportationsfantasien des schlimmsten Ausmaßes" faselt, stellte Holm die schriftliche Frage, ob es denn andere Quellen und Informationen gäbe, die etwas wie "Umsiedelungspläne" belegten.

Die Berliner Zeitung fasste die Antwort zusammen.

"Darin schreibt das Bundesinnenministerium, die Bundesregierung könne seine Frage aufgrund 'entgegenstehender überwiegender Belange des Staatswohls' nicht beantworten. Daraus könnten nämlich 'Rückschlüsse auf den Erkenntnisstand' des Bundesamts für Verfassungsschutz und 'ggf. die nachrichtendienstlichen Methodiken und Arbeitsweisen ermöglicht werden', wodurch die zukünftige Erkenntnisgewinnung des Nachrichtendienstes Schaden nehmen könne.

Das Bundesinnenministerium sieht sogar die 'wirksame Aufgabenerfüllung der Sicherheitsbehörden' und damit die 'Interessen der Bundesrepublik Deutschland' in Gefahr, sollte es Informationen über seine Kenntnisse zum Treffen in Potsdam preisgeben. Im Schreiben ist ferner von 'geheimhaltungsbedürftigen Informationen' die Rede. Auf diese könne geschlossen werden, sofern sich die Frage des Abgeordneten 'auf eine bestimmte Veranstaltung mit einem bestimmbaren Teilnehmerkreis sowie einem bestimmbaren Kreis an Personen' beziehe, 'die vorab Kenntnis von einer bestimmten Veranstaltung gehabt haben'."

Diese Antwort ist selbst in dieser unvollständigen Wiedergabe ein Blick in den Abgrund. Denn es geht hier nicht einfach nur um die Frage, ob und wie weit eventuell der Verfassungsschutz in die realen Ereignisse bei Potsdam involviert war, oder ob sich unter den Teilnehmern, wenn nicht gar den Veranstaltern Mitarbeiter zumindest des Bundesamtes befunden hätten (das Brandenburger Landesamt hatte sich öffentlich beschwert, gar nicht informiert worden zu sein); es geht tatsächlich um die Frage, ob eine Verschwörung zwischen Teilen der Bundesregierung, der Sicherheitsbehörden und halb journalistischer, halb geheimdienstlicher Strukturen wie Correctiv einen politischen Skandal inszeniert hat, um die Rechtsordnung der Bundesrepublik gravierend verändern zu können.

Denn die Faeser-Gesetze, die nun wie auf Engelsflügeln durchs Parlament getragen werden, weil die Inszenierung die Überzeugung hervorrief, die arme deutsche Demokratie sei in entsetzlicher Gefahr, sind zutiefst antidemokratisch. Das vor dem Hintergrund einer Gesamtverfassung, die allmählich an die Anfänge des 19. Jahrhunderts und die Göttinger Sieben erinnert, eingebettet in eine auf EU-Ebene durchgesetzte Strategie, die jede Form nicht konzern- oder staatsgebundener Meinungsäußerung erwürgen soll. Man könnte jetzt schon Wetten darüber abschließen, ob das, was mit der Correctiv-Nummer gestartet wurde, nicht tatsächlich ein Putsch war, der darauf abzielte, jede Möglichkeit einer politischen Richtungsänderung dauerhaft zu verhindern.

Wer sich dabei auch nur ansatzweise auf die Argumentation einlässt, es ginge schließlich nur gegen die AfD, verhält sich ähnlich naiv wie jene, die nach dem 28. Februar 1933 meinten, die Verfolgungsmaßnahmen richteten sich ja nur gegen die Kommunisten. Ein Bündel derartiger Maßnahmen meint immer alle, die nicht der Linie folgen.

Übrigens ist die Beteiligung der Firma Greenpeace zusätzlich ein Faktor, der stutzig macht. Immerhin ist Greenpeace über Jahrzehnte hinweg eines der mächtigsten Instrumente zur Durchsetzung der US-Interessen in Deutschland. Es könnten in diesem Putschversuch also noch ganz andere Akteure eine Rolle spielen.Causa Correctiv: Bundesinnenministerium bestätigt Treffen mit Vertretern des "Rechercheportals"

Auf jeden Fall gilt für diese Antwort das Gleiche, was in anderen derartigen Fällen gilt. Gäbe es da nichts zu sehen, hätte sich die Antwort auf ein schlichtes "Nein, da gibt es keine weiteren Quellen" beschränkt. Natürlich muss man berücksichtigen, dass die beteiligten Ministerien, also vor allem das Haus Faeser, ziemlich nackt dastünden, wenn die Correctiv-Mär als einzige Quelle bestätigt würde. Aber tatsächlich geht es, selbst wenn man Nebelgranaten zünden will, durchaus eine Nummer kleiner. Denn es heißt auch noch, eine "Auskunft nach Maßgabe der Geheimschutzordnung und damit einhergehende Einsichtnahme über die Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages" scheide aus. Und dann heißt es noch, "die erbetenen Informationen betreffen gerade auch Akteure aus dem parlamentarischen Raum".

Kann natürlich sein, man will die Gelegenheit nutzen und die AfD-Fraktion jetzt eine Runde lang mit der Suche nach Spitzeln beschäftigen. Aber auf der Gesamtskala der möglichen Reaktionen ist eine Verweigerung einer Auskunft nach Geheimschutzordnung das absolute Maximum. Schließlich hieße eine derartige Antwort noch immer, dass nur der fragende Abgeordnete die Antwort einsehen darf, ohne sich davon Aufzeichnungen machen zu dürfen und ohne außerhalb des Geheimschutzraums überhaupt über das sprechen zu dürfen, was er dort gesehen hat.

Sicher, es könnte dabei immer noch um eine Quelle innerhalb der AfD gehen, die so bedeutend ist, dass man sie auf gar keinen Fall riskieren will. Aber wenn man die sonstigen Umstände der Geschichte betrachtet, liegt das wahre Problem vermutlich woanders. Wenn das Fragerecht des Abgeordneten "aus Staatswohlgründen gegenüber den Geheimhaltungsinteressen der Bundesregierung zurückstehen" muss, legt es weit eher nahe, dass eine Antwort auf diese Frage hätte erkennen lassen, wie weit die Verschwörung reicht, die hinter der Correctiv-Veröffentlichung steht.

Holm schließt aus der Antwort, dass der Verfassungsschutz "im Vorfeld von dem Potsdamer Treffen informiert war und dieses observiert" habe. Dafür habe es, so dazu die Berliner Zeitung, jedoch tatsächliche Anhaltspunkte für Straftaten gebraucht, von denen nicht einmal mehr Correctiv rede. Des Weiteren fragt sich Holm, ob nicht der Verfassungsschutz "seine Informationen möglicherweise dem Correctiv-Netzwerk zur Verfügung gestellt" habe.

Auch ein Teilnehmer des Potsdamer Treffens, Ulrich Vosgerau, ein Staatsrechtler, der bereits erfolgreich gegen die Behauptungen von Correctiv juristisch vorgegangen ist, meinte, Correctiv sei von der Regierung "bezahlt", möglicherweise auch "vom Verfassungsschutz informiert, instruiert und eingewiesen" worden.

Im Kontext all dessen, was mit eben dieser Correctiv-Erzählung eingeleitet wurde, bleiben diese Schlussfolgerungen aber geradezu naiv, weil sie die Qualität der übrigen Ereignisse nicht mit einbeziehen. Alle Faktoren rund um diese Erzählung, eingeschlossen die auf die Veröffentlichung folgenden Großdemonstrationen, die üblicherweise einen Vorlauf von mehreren Wochen benötigen, alleine, weil man die erforderlichen Lautsprecheranlagen nicht an der nächsten Straßenecke mieten kann, deuten darauf hin, dass der ganze Correctiv-Skandal nur der Ankerpunkt war, um den sich etwas weit Größeres sammelte. Man mag es Holm als AfD-Abgeordnetem und Vosgerau als persönlich Betroffenem nachsehen, die Perspektive auf die politische Gesamtentwicklung aus dem Blick zu verlieren.

Aber wie bitte soll man es bewerten, wenn mit einem Vorlauf, der – das legen die beiden Campact-Initiativen nahe – bereits im November 2023 gestartet hat, in enger Zusammenarbeit zwischen staatlichen Behörden, Teilen der Bundesregierung, Correctiv, Greenpeace und dem Bundesamt für Verfassungsschutz mit gewaltigem medialem Aufwand eine Stimmung geschaffen wird, die dazu dient, Kernelemente demokratischer Verfasstheit abzuschaffen? Sicher, es hat auch eine erheiternde Seite, dass sich die deutsche Öffentlichkeit einen Rollatorputsch als staatsgefährdend auf die Nase binden, bei einem schwerwiegenden Angriff auf die Verfassung von oben aber von banalem "Gegen Rechts"-Gesäusel besoffen machen und ablenken lässt.

Der Grund, warum die simplen Fragen des Abgeordneten Holm auf keine, wirklich keine Art und Weise beantwortet werden können, ist, dass die Regierung der Bundesrepublik Deutschland auf zutiefst rechtswidrige Art und Weise und in der Absicht, die verfassungsmäßigen Rechte der deutschen Bevölkerung dauerhaft mindestens zu beeinträchtigen, wenn nicht abzuschaffen, unter Zuhilfenahme zwielichtiger Strukturen wie Correctiv eine Staatskrise fingiert hat. Nicht, dass die Weste dieser Regierung davor blütenweiß gewesen wäre, immerhin ist da noch der Verrat mit Nord Stream, aber hier geht es wirklich um kriminelles Handeln auf höchster Ebene. Ein Akt, der im Grunde jegliche Legitimität, sofern zu diesem Zeitpunkt noch vorhanden, zerfallen lassen müsste wie Dracula im Sonnenlicht.

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